Kreuzlingen feiert den Stadtbus

Seit 30 Jahren hat Kreuzlingen einen Stadtbus. Die Erfolgsgeschichte verdanken wir einem initiativen Konstanzer Bürgermeister und einer Motion, die sich gegen den Stadtrat durchsetzte.
04. Sept. 2024
Der Bus ist aus dem Kreuzlinger Stadtbild nicht mehr wegzudenken. Er ist fast immer fast überall. Für viele ist es daher wahrscheinlich schwer vorstellbar, dass dies einmal anders war.

Einer, der sich noch gut erinnert, ist Arnold Baumann, ehemaliger Gemeinderat. Der pensionierte Bauleiter ist der Initiant des Kreuzlinger Stadtbusses. Im Jahr 1985 hat er zusammen mit 19 Mitunterzeichnern die "Motion zur Förderung des öffentlichen Verkehrs" eingereicht. Diese forderte den Stadtrat auf, ein neues Verkehrskonzept für den öffentlichen Verkehr unter Einbezug des gesamten Stadtgebiets auszuarbeiten. Was es damals schon gab: den "Roten Arnold", also die grenzüberschreitende Buslinie, plus das Postauto, das zwei Verkehrsachsen bediente. Die Anhöhen und die Uferzonen hatten keinen ÖV-Anschluss – ein Fakt, den die Motion Baumann bemängelte. Interessanterweise empfahl der damalige Stadtrat, die Motion abzulehnen. Die Begründung: "Eine Vergrösserung der Leistung der öffentlichen Busbetriebe ist unangemessen und finanziell nicht tragbar." Wie allgemein bekannt ist, konnte der Motionär eine Mehrheit für sein Anliegen gewinnen.

 

Der "Rote Arnold" als Vorreiter

Selbstverständlich hat bereits zuvor der damalige Konstanzer Bürgermeister Fritz Arnold indirekt den Weg für den Kreuzlinger Stadtbus freigemacht. Die Konstanzer Stadtwerke betreiben seit 1927 eine Busflotte, die auch bereits in den Anfangszeiten eine Linie bis zum Kreuzlinger Löwenplatz unterhielt. Der zweite Weltkrieg bremste den Bus wie viele andere grenzüberschreitende Errungenschaften zwischenzeitlich aus. 1962 konnte dann endlich wieder der erste "Rote Arnold" mit der Verbindung Marktstätte-Kurzrickenbach in Kreuzlingen empfangen werden. Nach der langjährigen Partnerschaft lag es auf der Hand, dass 1992 der dreijährige Testbetrieb zum Start eines eigenen Kreuzlinger Stadtbusses von den Stadtwerken Konstanz gefahren wurde. Die ersten zwei Linien bedienten Bernrain und Besmer ab Bärenplatz. Ein Jahr später wurden die Linien zum Hauptbahnhof und zum Seepark/Hörnli verlängert. 

 

Volksabstimmung bringt 1994 Klarheit

Im März 1994 besiegelten die Kreuzlinger Stimmberechtigten die definitive Einführung ihres Stadtbusses in einer Volksabstimmung. In der Umsetzung sind danach 80 Prozent des Siedlungsgebiets im Halbstundentakt erschlossen. Es geht weiter vorwärts: Im Rahmen des "Buskonzept Kreuzlingen/Konstanz", ebenfalls vom Stimmvolk abgesegnet, kam 2003 die dritte Stadtbuslinie Ribi/Brunegg und erstmals gab es auf zwei Linien den Viertelstundentakt. 2006 wurde der Busterminal Bärenplatz in Betrieb genommen. 2009 wurde der Zonentarif im ganzen OSTWIND-Gebiet eingeführt, womit seither auch grenzüberschreitend mit einem Billett für Bahn und Bus gefahren werden kann. Keine Mehrheit beim Stimmvolk fand 2014 die "Erweiterung Bushof Bärenplatz". 2018 erzielte die SP-Petition "für einen attraktiven und bezahlbaren Stadtbus" dafür einen Teilerfolg: Die gefährdete Linie nach Tägerwilen blieb erhalten, die Fahrpreise wurden stärker subventioniert. Im Dezember 2023 schliesslich bricht "das neue Buszeitalter" an: Mit dem Konzept "Eine Fahrt, ein Franken", das auf einem Postulat von "Die Mitte" beruht, verdreifacht sich der Billett-Absatz.

 

Das Busjubiläum wird am Samstag, 7. September, von 8.30 bis 14.00 Uhr am Chrüzlinger Markt auf dem Boulevard gefeiert. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen, den Jubiläumsbus zu besichtigen und am Wettbewerb mitzumachen.

Empfang Roter Arnold in Emmishofen 1962
Der "Rote Arnold" der Konstanzer Stadtwerke wird nach den Kriegsjahren 1962 erstmals wieder in Kreuzlingen begrüsst.
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Empfang Roter Arnold in Emmishofen 1962
Der "Rote Arnold" der Konstanzer Stadtwerke wird nach den Kriegsjahren 1962 erstmals wieder in Kreuzlingen begrüsst.

Interview mit Ernst Zülle, Stadtrat

 

Welche Erinnerungen haben Sie an die Anfänge des Stadtbusses?

Mein erster Gedanke war: Nun ist Kreuzlingen als Stadt angekommen und wird so wahrgenommen. Mit der Verbindung über die Grenze bewegt man sich bequem in der damals 100‘000 Einwohner zählenden Agglomeration Kreuzlingen-Konstanz zum Einkaufen oder Arbeiten.

 

Welche Bedeutung hat ein attraktives ÖV-Netz für eine Gemeinde?

In erster Linie profitieren all jene, die kein Auto fahren können oder wollen. Man ist mühelos bei jedem Wetter unterwegs. Gerade in Verbindung mit Konstanz kann man mit Bus und Bahn jeden Stadtteil erreichen. Auch Aussengemeinden profitieren; zum Beispiel benutzen sehr viele Patienten, Besucher aber auch Mitarbeitende des Spital Münsterlingen regelmässig das ÖV-Angebot. Ein anderes Beispiel: Man hat für Pendler extra das Industriegebiet Tägerwilen erschlossen. Würden die jährlich 1 Million Fahrgäste unseres Busnetzes auch mit dem Auto unterwegs sein, hätten wir ein „Verkehrsinfakt“. Ein attraktives ÖV-Netz hilft, den motorisierten Individualverkehr (MIV) zu reduzieren.  

 

Wir feiern 30 Jahre Stadtbus – eine Erfolgsgeschichte. Wie sieht der Stadtbus der Zukunft aus?

Wir stehen kurz vor der Elektrifizierung der gesamten Busflotte. Also sind wir nach 30 Jahren leise und abgasfrei unterwegs. Die Infrastruktur wird laufend verbessert, sodass die Busse in Zukunft trotz Verkehr pünktlicher sein werden. Mit Busbevorzugungen, insbesondere bei Kreiseln, aber auch extra Fahrspuren erreichen wir, dass man mit dem Bus schneller und pünktlicher sein wird als mit dem Auto. Der Bushof beim Dreispitz wird benutzerfreundlich überdacht und eine wichtige ÖV-Drehscheibe bilden. Die Bushaltestellen werden nach dem Behindertengleichstellungsgesetz umgebaut sein. Neue in Kreuzlingen konstruierte und gefertigte Bushäuschen an den Haltestellen werden das Warten bei jedem Wetter angenehmer machen.

 

Stimmen zum Bus-Jubiläum

 

"Ich habe damals in Frauenfeld gearbeitet, wo es bereits einen Stadtbus gab. Eine Stadt von unserer Grösse braucht doch auch einen Stadtbus, war meine Überzeugung. Ich habe die Motion nicht aus persönlicher Betroffenheit eingereicht. Als Gemeinderat sollte man an alle Bevölkerungsgruppen denken. Das ist das Schöne, dass man als einzelner etwas bewirken kann. Es macht mich schon stolz, dass ich damals etwas initiiert habe, was bleibt. Ich war immer ein Autofahrer. Aber seit eine Fahrt ein Franken kostet, gehe ich neu mit dem Bus statt mit dem Auto ins Kafi."

Arnold Baumann, Motionär 1985

 

"Es war kurz nach meinem Amtsantritt als Stadträtin. Es hat pressiert – und ich hatte wohl eine angenehme Stimmlage. Also ging es ab ins Tonstudio nach Berg, den Pfefferminztee immer griffbereit. So kam es, dass ich mit geölter Stimme schliesslich alle Haltestellen unseres Stadtbusses ins Mikro gesprochen habe. Zum Schluss konnte ich die Strecken fast auswendig! Der damals neue Takt und der frisch gestaltete Busauftritt haben unserer Stadt und der persönlichen Mobilität sehr gut getan. Da ich im Zentrum wohne, nutze ich den Bus vorwiegend für meine Spaziergänge, fahre dann bis an die Waldgrenze oder bei Regen bis vor das Stadttheater in Konstanz."

Dorena Raggenbass, Stadträtin 2007-2023

 

"Weshalb ich mich immer wieder für einen attraktiven Stadtbus eingesetzt habe? Unser Stadtbus verbindet Menschen und Stadtteile, sorgt für umweltgerechte Mobilität, stellt Anschluss für alle her, entlastet die Stadt. Er gehört heute zu Kreuzlingen und Tägerwilen wie Bäder, Sportstätten, Schulen. Und nun, passgenau zum Jubiläum: eine Fahrt, ein Franken! Also einsteigen, entspannen, profitieren. Und die Stadt entlasten: verkehrlich, finanziell, klimatisch. Wann, wenn nicht jetzt? Wer, wenn nicht Sie ..."

Walo Abegglen, langjähriges Mitglied Stadtbuskommission

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